Brennpunkte

Angeklagter zu Anschlag in Magdeburg: "Ich habe mit Absicht angegriffen"

  • AFP - 11. November 2025, 16:00 Uhr
Bild vergrößern: Angeklagter zu Anschlag in Magdeburg: Ich habe mit Absicht angegriffen
Angeklagter Taleb A. in Kabine aus Sicherheitsglas
Bild: AFP

Im Prozess um den Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt mit sechs Toten hat der Angeklagte eingeräumt, die Tat geplant zu haben. Er sei die Strecke etwa 20 mal abgelaufen, sagte Taleb A. am zweiten Prozesstag vor dem Landgericht Magdeburg.

Der Angeklagte im Prozess um den Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt mit sechs Toten hat gestanden, die Tat geplant zu haben. Er habe "mit Absicht angegriffen, das war meine Absicht, definitiv", sagte Taleb A. am zweiten Prozesstag am Dienstag vor dem Landgericht Magdeburg. Er bestritt jedoch, Menschen gezielt überfahren zu haben.

Bevor der Weihnachtsmarkt geöffnet wurde, habe er "geplant und geplant", sagte der Angeklagte. Dabei sei ihm aufgefallen, dass der Markt "ungeschützt" gewesen sei. Er sei die Strecke "etwa 20 mal abgelaufen".

Am 20. Dezember 2024 habe er sich ein Auto gemietet und ein Video in den sozialen Medien veröffentlicht. Für ihn habe es dann "keinen Rückweg" gegeben, "dann habe ich einfach Gas gegeben", sagte der 51-Jährige.

Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Dirk Sternberg, ob es sein Ziel gewesen sei, möglichst viele Menschen zu treffen und zu töten, sagte der Angeklagte: "Es war mir egal, ob Leute verletzt werden oder sterben." Zugleich sagte er, der Angriff habe nicht einzelnen Menschen gegolten. "Ich habe keine einzige Person gezielt überfahren."

Er habe sich auf Stände und Kioske konzentriert. Er will nach eigenen Angaben auch nicht realisiert haben, wie viele Menschen er während seiner gut einminütigen Fahrt über den stark besuchten Weihnachtsmarkt erfasste und verletzte. Erst später habe er sich unter anderem daran erinnern, dass eine Frau gegen seine Windschutzscheibe geprallt und dann nach unten gefallen sei.

Es war das erste Mal, dass der Angeklagte in seiner stundenlangen, teils wirren und von Verschwörungstheorien durchzogenen Aussage konkrete Angaben zum Tattag machte. Für viele Prozessbeobachter war dies bedrückend, eine Frau auf einer Nebenklägerbank wischte sich mit einem Taschentuch über die Augen, andere stützten ihren Kopf in die Hände und blickten nach unten.

Der aus Saudi-Arabien stammende Arzt hatte laut Anklage am 20. Dezember vergangenen Jahres bei seiner Fahrt über den Weihnachtsmarkt zahlreiche Menschen erfasst. Ein neunjähriger Junge und fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren starben, mehr als 300 weitere Menschen wurden verletzt. Nach Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg wollte A. "eine unbestimmte große Zahl von Menschen" töten. 

Der Angeklagte erklärte, er habe seit Monaten einen Angriff geplant. Er habe Magdeburg zwischen August 2023 und Dezember 2024 mehrfach besucht. Eine zunächst geplante "Sprengattacke" auf die Staatsanwaltschaft mit Gaszylindern verwarf er demnach aber ebenso wie einen Angriff auf ein Café.

Er begründete seine Anschlagspläne mit dem Ringen um Aufmerksamkeit für seine Anliegen, etwa den Schutz saudiarabischer Frauen. "Ich wollte einfach, dass die Welt mich hört, dass wir leiden, dass wir verfolgt werden."

Deutlich wurde erneut sein Frust über deutsche Behörden wie Polizei und Staatsanwaltschaft, die ihn nicht bei seinem Vorgehen gegen einen aus seiner Sicht "korrupten" Kölner Flüchtlingshilfeverein unterstützt und stattdessen gegen ihn selbst ermittelt hätten. "Alles hat mich geärgert", sagte er.

Die Generalstaatsanwaltschaft sieht in der "Unzufriedenheit und Frustration" des Angeklagten über den Ausgang von Rechtsstreitigkeiten und der Erfolglosigkeit eigener Strafanzeigen das Tatmotiv für den Anschlag.

Taleb A. trat am Montag nach eigenen Angaben in einen Hungerstreik, den er "drei Wochen" fortsetzen wolle. Der Vorsitzende Richter Dirk Sternberg sagte, das Gericht könne für den Fall, dass der Angeklagte wegen des Verzichts auf Essen und Trinken nicht mehr verhandlungsfähig sein sollte, auch ohne ihn weiter verhandeln. Für den Prozess sind bislang Termine bis März bestimmt.

Wirbel gibt es unterdessen um den diesjährigen Weihnachtsmarkt in Magdeburg, der wegen Sicherheitsbedenken von der Stadt vorläufig nicht genehmigt wurde. Grund ist demnach ein Schreiben des Landesverwaltungsamts als übergeordnete Behörde, in dem das diesjährige Sicherheitskonzept der Marktveranstalter bemängelt wird. Am Mittwoch soll nun auf Initiative von Sachsen-Anhalt Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) früher als geplant mit der Stadt erneut über die Genehmigung beraten werden.

Weitere Meldungen

Türkische Opposition nennt Anklage gegen Erdogan-Rivalen Imamoglu politisch motiviert

Die türkische Oppositionspartei CHP hat die mit einer potenziellen Haftstrafe von hunderten Jahren verbundene Anklageerhebung gegen den inhaftierten Istanbuler Bürgermeister

Mehr
SPD-Abgeordnete distanzieren sich von rot-grünem Asyl-Papier

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Die SPD-Bundestagsabgeordneten Helge Lindh und Rasha Nasr haben sich von einer gemeinsamen Erklärung der AG Migration und Vielfalt der SPD und

Mehr
Gericht: Hundebesitzerin darf Pit-Bull-Mischling nicht halten

Die Haltung eines Pit-Bull-Mischlings ist einer Frau aus Nordrhein-Westfalen laut einem Gerichtsurteil zu Recht untersagt worden. Das Oberverwaltungsgericht in Münster wies die

Mehr

Top Meldungen

Bafin-Sonderbeauftragter verlässt Deutsche Bank

Frankfurt am Main (dts Nachrichtenagentur) - Die Privatkundensparte der Deutschen Bank wird nicht mehr von einem Sonderaufpasser der Finanzaufsicht Bafin überwacht. Der

Mehr
Rente: CDU-Politiker stellt sich gegen Haltelinie und Mütterrente

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - In der Debatte um das Rentenpaket der Bundesregierung wächst in der Unionsfraktion der Druck auf Veränderungen. "Die Haltelinie in der Rente

Mehr
Union fürchtet Mehrkosten durch Rentengesetz von Bas

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Junge Unionspolitiker werfen Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) vor, mit ihrem Gesetzentwurf zum Rentenniveau über den Koalitionsvertrag

Mehr