Politik

Frankreich: Ernennung eines neuen Premiers binnen 48 Stunden möglich

  • AFP - 8. Oktober 2025, 22:16 Uhr
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Sébastien Lecornu
Bild: AFP

Der Ausweg aus der politischen Krise Frankreichs ist weiterhin unklar, aber Neuwahlen und der Rücktritt des Präsidenten scheinen vorerst vom Tisch zu sein.

Der Ausweg aus der politischen Krise Frankreichs ist weiterhin unklar, aber vorgezogene Parlamentswahlen und der Rücktritt des Präsidenten scheinen vorerst vom Tisch zu sein. Präsident Emmanuel Macron werde innerhalb von 48 Stunden einen neuen Premierminister ernennen, teilte der Elysée am Mittwochabend mit. Der zurückgetretene und mit Verhandlungen beauftragte Premierminister Sébastien Lecornu hatte dies zuvor in Aussicht gestellt und sich zuversichtlich gezeigt, dass ein Regierungsprogramm gefunden werden könne. Viel konkreter wurde Lecornu bei seinem Interview zum Ablauf der zweitägigen Verhandlungsfrist jedoch nicht. 

Dass Lecornu selbst noch einmal die Regierungsspitze übernehme, schloss er aus. "Meine Mission ist heute Abend beendet", erklärte er. 

Die von den Sozialisten geforderte Abschaffung oder zumindest Aussetzung der seit zwei Jahren greifenden Rentenreform sei weiterhin "der Punkt, der am stärksten blockiert", räumte Lecornu ein. "Es muss ein Weg gefunden werden, damit eine Debatte über die Rentenreform geführt werden kann", sagte Lecornu. Dies sei aber Aufgabe der künftigen Regierung. 

Bei seinen zweitägigen Verhandlungen, zu denen Macron ihn beauftragt habe, sei zumindest deutlich geworden, dass die Mehrheit der Abgeordneten vorgezogene Neuwahlen ablehne. "Viele Politiker sind überzeugt, das diese zu demselben Ergebnis und einer endgültigen Blockade führen würde", sagte Lecornu. 

Es gebe aber mehrere Parteien, die bereit seien, sich auf einen gemeinsamen Haushalt zu einigen. Die Linke wolle ebenfalls einen Haushalt und Stabilität, wofür sie ihre Bedingungen stelle. "Ich habe dabei den Eindruck, dass sich ein Weg finden lässt", sagte Lecornu dazu. 

"Wir sind nicht in Deutschland, wir werden keine Koalition nach deutschem Vorbild machen", betonte Lecornu. Dafür müsse man sich vermutlich "drei Monate aufs Land zurückziehen", meinte er.

Seine geschäftsführende Regierung werde am Montag fristgerecht einen Haushaltsentwurf präsentieren, der dann in der Nationalversammlung weiter debattiert und abgeändert werde. 

Den Rücktritt des Präsidenten, den am Dienstag erstmals ein prominenter Vertreter des Präsidentenlagers gefordert hatte, schloss Lecornu aus. "Das ist jetzt nicht der Moment", betonte er. Der Präsident sei "Frankreichs Gesicht im Ausland". "Die Stabilität der Institution muss gewahrt werden", fügte er hinzu.

Am Vorabend hatte die ehemalige Premierministerin Elisabeth Borne eine Debatte über das Aussetzen der Rentenreform angestoßen. "Wenn dies die Voraussetzung für die Stabilität des Landes ist, muss man die Modalitäten und die Folgen einer Aussetzung prüfen", sagte sie.  

Der Parteichef der Sozialisten, Olivier Faure sagte nach seinem Gespräch mit Lecornu am Mittwoch, dass ihm dieser keine konkrete Zusage dazu gemacht habe. Zahlreiche Vertreter des bisherigen Regierungslagers wiesen die Idee umgehend zurück. Innenminister Bruno Retailleau sprach von einer "roten Linie". Finanzminister Roland Lescure rechnete vor, dass dieser Schritt 2026 Hunderte von Millionen und 2027 mehrere Milliarden Euro kosten würde. 

Macron hüllte sich unterdessen weiter in Schweigen. Seit dem überraschenden Rücktritt seines engen Vertrauten Lecornu hatte er auf jegliche öffentliche Stellungnahme verzichtet. Am Donnerstagabend will er anlässlich der Aufnahme des Politikers Robert Badinter in das Pantheon eine Rede halten, in der er möglicherweise auf die aktuelle Situation seines Landes eingeht. 

Auslöser der schlimmsten politischen Krise seit Jahrzehnten ist die Debatte um  Einsparungen im Haushalt des kommenden Jahres angesichts der maroden Staatsfinanzen. Frankreich ist derzeit mit gut 115 Prozent seines Bruttoinlandprodukts verschuldet und hatte zuletzt ein Defizit von 5,8 Prozent. Drei Vorgänger Lecornus waren im Zuge der Haushaltsdebatten gestürzt worden. 

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