Politik

Nach Luftraumverletzungen und Drohnenvorfällen: EU treibt Aufbau von "Drohnenwall" voran

  • AFP - 26. September 2025, 16:37 Uhr
Bild vergrößern: Nach Luftraumverletzungen und Drohnenvorfällen: EU treibt Aufbau von Drohnenwall voran
Bundeswehrsoldat mit Drohnen-Jammer in Hamburg
Bild: AFP

Nach mehreren russischen Luftraumverletzungen in osteuropäischen EU-Ländern treibt die EU den Aufbau eines Abwehrsystems voran. Ein sogenannter 'Drohnenwall' habe 'unmittelbare Priorität', sagte EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius.

Nach mehreren russischen Luftraumverletzungen in osteuropäischen EU-Ländern und zahlreichen Vorfällen mit Drohnen in Dänemark treibt die EU den Aufbau eines Abwehrsystems gegen unbemannte Luftfahrzeuge voran. Ein sogenannter "Drohnenwall" habe "unmittelbare Priorität" beim Schutz der EU-Ostflanke, sagte EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius am Freitag in Helsinki nach einem virtuellen Treffen mit Vertretern von rund zehn hauptsächlich osteuropäischen Mitgliedstaaten und der Ukraine. In Dänemark musste am Freitag erneut ein Flughafen vorübergehend wegen einer Drohne geschlossen werden.

Das Projekt beinhalte den Aufbau "fortschrittlicher Erkennungs-, Verfolgungs- und Abfangfunktionen", sagte Kubilius bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem finnischen Verteidigungsminister Antti Häkkänen. Aktuell fehle es an einem "wirksamen Erkennungssystem" für Drohnen. Die Schaffung eines solchen Systems sei daher "vorrangig", betonte er. Der "Drohnenwall" sei Teil eines größeren Projekts zur EU-Ostflankenüberwachung, das auch Bodenverteidigungssysteme, maritime Sicherheit für die Ostsee und das Schwarze Meer sowie satellitengestützte Lageerfassung beinhalte.

Kubilius sagte, er werde vor dem EU-Gipfel Ende Oktober in Brüssel für "politische Unterstützung" für das Vorhaben werben. Gemeinsam mit Experten aus den EU-Ländern soll ein "detaillierter technischer Fahrplan" ausgearbeitet werden, fuhr der Verteidigungskommissar fort. Zudem sei ein Finanzierungsinstrument der EU notwendig.

EU-Beamten zufolge soll bis Ende 2026 ein Sensorennetzwerk zur besseren Erkennung von Luftraumverletzungen fertiggestellt sein. Der Aufbau eines Abfangsystems werde aber länger dauern. 

Der ukrainische Verteidigungsminister Denys Schmyhal erklärte, sein Land sei "bereit, an dem Drohnenwall-Projekt teilzunehmen". Die Ukraine hat im Krieg gegen Russland eine ganze Reihe von Fähigkeiten entwickelt, um russische Drohnenschwärme kostengünstig zu erkennen und abzuschießen. "Der Drohnenwall wird ein grundlegend neues Verteidigungsökosystem in Europa schaffen", schrieb Schmyhal in Onlinediensten.

Vor gut zwei Wochen waren zahlreiche russischen Drohnen in den Luftraum Polens eingedrungen, das Verteidigungsbündnis Nato hatte mehrere davon abgeschossen. Dabei mussten Kampfjets der jüngsten Generation teure Lenkflugkörper abfeuern, um die billigen Drohnen abzuschießen. Auch aus Rumänien wurde das Eindringen russischer Drohnen gemeldet. 

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte daraufhin einen europäischen "Drohnenwall" gefordert. Notwendig ist nach ihren Angaben eine "gemeinsam entwickelte, gemeinsam eingesetzte und gemeinsam aufrechterhaltene europäische Einrichtung, die in Echtzeit reagieren kann".

Zuletzt hatte es in Dänemark mehrere Drohnen-Überflüge an Flughäfen gegeben. Am späten Donnerstagabend wurden wegen eines Drohnen-Alarms der Luftraum über dem Flughafen Aalborg gesperrt. Bereits in der Nacht zum Dienstag musste der Flugbetrieb am Kopenhagener Flughafen eingestellt werden, weil mehrere große Drohnen stundenlang über das Gelände geflogen waren. Regierungschefin Mette Frederiksen sprach von "hybriden Angriffen". Bisher gibt es keine Hinweise darauf, wer für die Vorfälle verantwortlich ist. Russland hat jegliche Verwicklung zurückgewiesen.

Mehr als dreieinhalb Jahre nach Beginn der russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben die jüngsten Vorfälle die Angst in der EU geschürt, in den Konflikt hineingezogen zu werden. Neben den Drohnenvorfällen wurden auch Luftraumverletzungen durch russische Kampfjets gemeldet, etwa aus Estland. 

Das Bundesverteidigungsministerium bestätigte zudem Überflüge russischer Flugzeuge über die deutsche Fregatte "Hamburg" in der Ostsee vergangene Woche. Dabei sei das Kriegsschiff an einem Tag dreimal durch einen russischen Aufklärer in "sehr niedriger Höhe" überflogen worden, sagte eine Ministeriumssprecherin am Freitag.

Der Drohnenwall soll laut Kubilius eines der neuen Leuchtturmprojekte im Verteidigungsbereich sein, an denen die EU derzeit arbeitet. Die Staats- und Regierungschefs der EU werden nächste Woche bei einem informellen Treffen in Kopenhagen über die Verteidigungsfähigkeit und mögliche neue Initiativen beraten.

Weitere Meldungen

Bundesrat fordert Änderung von Grundgesetz zum Schutz sexueller Minderheiten

Die Bundesländer wollen ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität im Grundgesetz festschreiben. Der Bundesrat beschloss auf seiner Sitzung am Freitag in

Mehr
Organspende: Bundesrat fordert erneut Widerspruchslösung

Der Bundesrat hat einen erneuten Anlauf zur Reform der Organspende in Deutschland unternommen. Die Länderkammer unterstützte am Freitag einen Gesetzentwurf zur Einführung der

Mehr
Klingbeil: Haushalt 2026 wird neues Vertrauen im Land schaffen

In der ersten Woche der Haushaltsberatungen für 2026 sind im Bundestagsplenum die massiven Herausforderungen für den Etat des kommenden Jahres deutlich geworden.

Mehr

Top Meldungen

Mieterbund sieht Zunahme von Eigenbedarfskündigungen

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Die Präsidentin des Deutschen Mieterbundes, Melanie Weber-Moritz, beklagt eine Zunahme der Kündigungen wegen Eigenbedarfs und fordert

Mehr
Bahn stellt neuen Fahrplan vor

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Die Deutsche Bahn hat am Freitag den neuen Fahrplan für das Jahr 2026 vorgestellt. Besonders stolz ist der Staatskonzern, dass ab dem 14.

Mehr
Trump-Verbündete sollen Tiktok übernehmen

Eine Gruppe von mit US-Präsident Donald Trump verbündeten Investoren soll in den USA die Videoplattform Tiktok kontrollieren. Trump unterzeichnete am Donnerstag ein Dekret, das

Mehr