Politik

Bisherige Regierung Frankreichs soll geschäftsführend im Amt bleiben

  • AFP - 16. Juli 2024, 16:29 Uhr
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Präsident Emmanuel Macron (rechts) und Premierminister Gabriel Attal
Bild: AFP

In Frankreich ist auch gut eine Woche nach der zweiten Runde der Parlamentswahl die Bildung einer tragfähigen Regierungsmehrheit nicht in Sicht.

In Frankreich ist auch gut eine Woche nach der zweiten Runde der Parlamentswahl die Bildung einer tragfähigen Regierungsmehrheit nicht in Sicht. Am Dienstag wurde aus Regierungskreisen in Paris bekannt, dass Präsident Emmanuel Macron am Abend den Rücktritt der Regierung von Premierminister Gabriel Attal annehmen werde - aber dass diese voraussichtlich bis zum Ende der Olympischen Spiele am 11. August "geschäftsführend" im Amt bleiben werde. Das Linksbündnis stritt derweil weiter über seinen Kandidaten für den Posten des Premierministers.

Die Neuwahlen zum Parlament hatten keine klaren Mehrheitsverhältnisse ergeben. Stattdessen bildeten sich drei politische Blöcke, die jeweils die absolute Mehrheit verfehlten und deren Programme kaum miteinander vereinbar sind: ein Linksbündnis mit 193 Abgeordneten, das in der Mitte angesiedelte Regierungslager des Präsidenten mit 164 Abgeordneten sowie die Rechtspopulisten vom Rassemblement National (RN) mit 143. 

Macron hatte die Neuwahlen überraschend nach dem Wahltriumph des RN bei den Europawahlen am 9. Juni angesetzt. Im Regierungslager machen sich der Präsident und Attal nach Einschätzung von Beobachtern weiterhin Hoffnungen darauf, eine gemäßigte Regierungsmehrheit ohne die Beteiligung von Links- oder Rechtspopulisten bilden zu können. Bei der Kabinettssitzung am Dienstag sagte Macron Teilnehmern zufolge, es liege nun in der Verantwortung seines Lagers, einen Vorschlag für eine "Mehrheitskoalition" oder einen "breiten Pakt im Parlament" zu unterbreiten.

Dabei müsse das Regierungslager auf der "Bewahrung der wirtschaftlichen Errungenschaften" und auf "Maßnahmen zugunsten der sozialen Gerechtigkeit" bestehen. Das Kabinettstreffen sei "ohne Spannungen, aber auch nicht überschwänglich" verlaufen, sagte ein Teilnehmer später.

Innerhalb des kurz vor den Neuwahlen geschmiedeten links-grünen Bündnisses Neue Volksfront (NFP) machten sich Sozialisten, Grüne und Kommunisten für die 73-jährige Diplomatin Laurence Tubiana als gemeinsame Kandidatin für den Posten der Regierungschefin stark. Dies stieß jedoch auf den Widerstand des linkspopulistischen Bündnispartners La France Insoumise (LFI). LFI-Koordinator Manuel Bompard nannte den Vorschlag "unseriös", da Tubiana eine zu große Nähe zum Regierungslager habe.

Eine Regierung unter Führung der an den Verhandlungen für das Pariser Klimaabkommen von 2015 beteiligten 73-Jährigen würde "die Macronisten wieder durch die Hintertür hineinlassen", sagte Bompard. LFI hatte den Wahlkampf in scharfer Abgrenzung zur Politik Macrons geführt.

Der französische Präsident ist im Prinzip frei darin, einen Kandidaten für den Posten des Premierminister zu benennen - allerdings muss dieser das Vertrauen einer Mehrheit des Parlaments haben, um regieren zu können.

In den vergangenen Tagen waren erhebliche Differenzen zwischen Macron und seinem früheren politischen Zögling Attal publik geworden. Unter anderem soll Attal den Präsidenten für die nun entstandene politische Pattsituation verantwortlich gemacht haben. 

Für Donnerstag ist in Paris die konstituierende Sitzung der neu gewählten Nationalversammlung geplant. Dabei steht unter anderem die Wahl des einflussreichen Vorsitzenden des Parlaments an. 

Unterdessen wies ein neuer Bericht des französischen Rechnungshofs auf ein Problem hin, das die neue Regierung in Paris massiv beschäftigen dürfte: Demnach stieg die Staatsverschuldung in Frankreich bis Ende März auf mehr als 3,1 Billionen Euro an - was fast 111 Prozent des derzeitigen Bruttoinlandsprodukts (BIP) Frankreichs entspricht und weit jenseits der EU-Schuldengrenze von 60 Prozent liegt. 

Der Präsident des Rechnungshofs, der frühere EU-Kommissar Pierre Moscovici, erklärte, ein Abbau der Schulden sei "unvermeidlich" und müsse "von allen politischen Kräften mitgetragen" werden.

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