Politik

FDP-Chef Lindner fordert auf Parteitag Umkehr in der Wirtschaftspolitik

  • AFP - 27. April 2024, 18:13 Uhr
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FDP-Chef Christian Lindner
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FDP-Chef Christian Lindner hat eine Umkehr in der Wirtschaftspolitik gefordert. Nötig sei 'nüchterner Realismus', sagte Lindner auf dem FDP-Parteitag in Berlin.

Angesichts der schwachen Konjunktur will FDP-Chef Christian Lindner die Ampel-Koalition auf einen wachstumsfreundlicheren Kurs bringen. Die Bundesregierung müsse den "Mut zu Veränderung" zeigen, um mehr Wachstum zu ermöglichen, sagte der Bundesfinanzminister am Samstag auf dem FDP-Bundesparteitag in Berlin. "Unser Land steht sich zu oft selbst im Weg", kritisierte er.

Lindner forderte die Koalitionspartner zu Gesprächen über das Zwölf-Punkte-Programm der FDP für eine "Wirtschaftswende" auf. Wer Kritik an den Vorschlägen der FDP übe, müsse eigene Vorschläge vorlegen. "Wir sind bereit zu diskutieren", sagte Lindner vor den Delegierten. "Für eines aber sind wir nicht offen: dass sich gar nichts ändert."

Der FDP-Chef verteidigte das Programm seiner Partei zur Wirtschaftswende, das bei den Koalitionspartnern SPD und Grüne auf scharfe Ablehnung stieß. "Die Wirtschaftswende ist nicht ein Projekt der Freien Demokraten", sagte Lindner. "Sie muss ein Projekt dieses Landes sein."

Mehr Wachstum sei nötig, sagte Lindner - um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, um die wachsenden Kosten für Verteidigung und Sicherheit zu stemmen, um den Sozialstaat zu erhalten und um die Akzeptanz der Demokratie zu sichern.

Das FDP-Papier zur Wirtschaftswende enthält allerdings Punkte, die für FDP und Grüne unannehmbar sind: die Abschaffung der Rente mit 63, Kürzungen beim Bürgergeld und das Aus der staatlichen Förderung für erneuerbare Energie.

Offene Kritik an den Koalitionspartnern vermied Lindner in seiner rund 70-minütigen Rede. Diese Aufgabe übernahm sein Stellvertreter Wolfgang Kubicki: Dieser stellte den Fortbestand der "Ampel" in Frage, sollten SPD und Grüne nicht in Gespräche über eine Ankurbelung der Wirtschaft eintreten. "Wenn nicht darüber gesprochen wird, gibt es auch keine Zukunft dieser Koalition."

Kubickis Kritik galt vor allem den Grünen, denen er vorwarf, den Zustand der Konjunktur zu beklagen, aber nichts zur Verbesserung beizutragen. "Ich kann nur davor warnen, den Grünen in der öffentlichen Debatte zu trauen", sagte er.

Lindner zeichnete zweieinhalb Jahre nach dem Regierungseintritt der FDP ein kritisches Bild der wirtschaftlichen Lage. Im internationalen Vergleich sei das Land in Bereichen wie Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumspotenzial zurückgefallen. Dies erfordere einen Kurswechsel.

Wachstum sei "kein Selbstzweck", sondern habe "einen tieferen Sinn", betonte Lindner mit Blick auf geopolitische Krisen auf der Welt. Die militärische Unterstützung der Ukraine und die Finanzierung der deutschen Wehrausgaben könne langfristig "nicht auf Pump erfolgen", sagte er. "Dafür brauchen wir unsere Wirtschaftsleistung." 

Die Wirtschaft müsse auch deshalb wieder wachsen, damit die "spitzenmäßigen Sozialleistungen" und der "spitzenmäßge Lebensstandard" gehalten werden können, sagte Lindner. Wenn die Wirtschaft schwächele, wüchsen die Abstiegsängte in der Bevölkerung - was wiederum die AfD stärke. "Die Wirtschaftswende ist das beste Demokratiefördergesetz, das man haben kann", sagte Lindner. "Wachstumfreundliche Politik ist ein Gebot sozialer Gerechtigkeit."

Die eigentlich von der Koalition vereinbarte Einführung der Kindergrundsicherung stellte Lindner in Frage. Die Pläne von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hätten "den Status der Absurdität erreicht", weil sie Bürokratie stärkten und Eltern den Anreiz zum Arbeiten nähmen, sagte er. Der FDP-Chef unterbreitete einen Gegenvorschlag: "Wäre es nicht besser, diese Milliarden einzusetzen in mehr qualitätsvolle Kinderbetreuung, damit niemand mehr gegen seinen Willen in Teilzeit verbleiben muss?"

Die Europa-Spitzenkandidatin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, sprach den Delegierten angesichts der schlechten Umfragen Mut zu. "Die FDP hat nicht viele natürliche Verbündete" und spüre viel Gegenwind, sagte die Verteidigungsexpertin. Die Partei müsse Kurs halten und dürfe "nicht jeden Tag auf die Umfragen schauen". 

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) beklagte vor den Delegierten einen "überbordenden Bürokratismus" in Deutschland - und beanspruchte die bisherigen Beschlüsse der "Ampel" als Erfolg für die FDP. "90 Prozent dieses Abbauvolumens" sei allein von den FDP-geführten Ministerien für Justiz und Finanzen bewirkt worden.

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