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„Zuallererst in den Dialog gehen“...

  • Redaktion - 27. Juni 2023
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Autorenfoto: Florian Bauer © Bild von Bauer Immobilien GmbH

... Interview mit Florian Bauer (Geschäftsführer, Bauer Immobilien GmbH) über Konflikte zwischen Mietern und Vermietern.


Mietnomaden gelten als Schreckgespenst von Vermietern. Hatten Sie bislang Erfahrungen mit auf den ersten Blick zuverlässigen Mietern gemacht, bei denen es zu starken Versäumnissen kam?

 

Nachdem ich seit 2008 in der Immobilienbranche unterwegs bin, musste ich bei wohlgemerkt mehreren Hundertern von Projekten weniger als ein halbes Dutzend Fälle erleben.

 

Im ersten Moment geht man da nicht gleich von dem Schlimmsten aus. Doch nachdem keine Miete gezahlt wurde und auch Reaktionen auf Nachfragen ausblieben, musste gehandelt werden.

 

Ab einem bestimmten Punkt reichen Kontaktaufnahmen, Schreiben und Angebote des Entgegenkommens nicht mehr aus. Den harten „Cut“ zu machen und rechtliche Schritte einzuleiten, erwies sich für uns als Immobilienunternehmen am Ende des Tages als alternativlose Notwendigkeit, ohne die wir auf fehlenden Geldern sitzgeblieben wären. Den Punkt zu antizipieren, ab dem es keinen Sinn mehr macht kooperativ vorzugehen war rückblickend mit am wichtigsten.

 

Wie sind Sie vorgegangen? Was hat in der Kommunikation funktioniert und was nicht?

 

Schon bei dieser ersten Erfahrung war für uns sofort klar: Direkt den Konflikt mit Mietern die unzuverlässig oder gar nicht zahlen zu suchen, geht als Immobilienunternehmen gar nicht.

 

Damit erhöht sich nur unnötig der Druck auf Mieter, die in der Regel verständliche Gründe für ausbleibende Zahlungen haben. Fehlende Einnahmen durch Jobverlust, finanzielle Engpässe oder private Vorfälle, können dabei eine zentrale Rolle einnehmen. In den allerseltensten Fällen verstecken sich hinter unzuverlässigen Mietern eisenharte Mietnomaden.

 

Es gilt: Zuallererst in den Dialog gehen, auf das Problem der fehlenden Mieteinnahmen hinweisen, Erinnerungen schicken, bürokratische Hilfestellungen anbieten usw. ist wichtiger als eine konfrontative Herangehensweise.

 

Erst wenn alle Stricke reißen und Mahnungen keine Wirkung entfalteten, müssen rechtliche Schritte in die Wege geleitet werden. Dieser Schritt ist die letzte Eskalationsstufe, muss aber passieren, damit die Immobilie an sich geschützt wird.

 

Können aus so einer negativen Erfahrung auch positive Erkenntnisse gezogen werden?

 

Ich bin fest davon überzeugt, dass es keinen Sinn macht, solche Probleme langfristig aus falscher Rücksicht oder Sorge vor Konflikten zu ignorieren.

 

Mein größtes Learning: Nicht warten, bis Mietausfälle mehrfach vorkommen, sondern direkt darauf hinweisen und solange kooperativ bleiben, bis absolut kein Wille zur Besserung erkennbar ist.

 

Am Ende geht es um Geld, das fehlt, wenn Sanierungen, Renovierungen, Instandhaltungen usw. anstehen. Das wiederum wirkt sich negativ auf den Wert der Immobilie aus. Lösungsorientiertes Vorgehen schützt bei säumigen Mietern also auch das Objekt.

 

Welche Folgen können säumige Mieter insgesamt mit sich bringen?

 

Mieter schaden aufgrund von Schufa-Einträgen oder sogar Gerichtsverhandlungen zunächst sich selbst. Kommt es zu solchen Konstellationen, kann sich das sehr negativ auf die zukünftige Wohnungs- aber auch Jobsuche auswirken.

 

Darüber hinaus gehen dem Vermieter wichtige Einnahmen verloren. Da die große Mehrheit der Vermieter in Deutschland keine großen Unternehmen oder Konzerne, sondern kleine bzw. mittelgroße Unternehmen sind, können bereits temporäre Mietausfälle ernsthafte Konsequenzen bedeuten. Gar existenzielle Probleme zulasten der Firmen sind denkbar.

 

Abschließend leidet das Objekt wie bereits erwähnt massiv unter fehlenden Maßnahmen zur Modernisierung. Echte Messi-Wohnungen können sogar zeitweise gar nicht bewohnt werden. Heißt, dass auch Wohnraum für Wochen und Monate verloren gehen.

 

Haben es Vermieter mit Blick auf öffentliche Debatten heute leichter oder schwerer, wenn es zum Ernstfall kommt?

 

Das ist aus meiner Erfahrung sehr abhängig vom jeweiligen Fall. Vermieter, die bereits bei kleinen Zahlungsverzögerungen konfrontativ handeln, müssen damit rechnen von außen kritisiert zu werden. Besonders große Unternehmen machen sich schnell öffentlich angreifbar, wenn überreagiert wird.

 

Auf der anderen Seite ist das Verständnis aus meiner Sicht in großen Teilen dafür vorhanden, dass Vermieter nicht aus Profitgründen, sondern im Sinne der Immobilie hinter Zahlungen hinterher sind. Wenn also wirklich krasse Zahlungsausfälle einsehbar sind, fällt es deutlich leichter konkrete Probleme aufzuzeigen, die sich auch im worst-case auf das Objekt auswirken können.

 

Bleibt es bei einer Randerscheinung oder können wirtschaftliche Krisen dazu führen, dass Mietausfälle langfristig häufiger vorkommen?

 

Das wird einerseits von der Lage und andererseits von der wirtschaftlichen Konjunktur im Land abhängig sein. Zwar kann ich mir aktuell nicht vorstellen, dass es zu großflächigen Mietausfällen – egal ob in den Städten oder dem ländlichen Raum – kommen wird.

 

Dezentrale Regionen mit weniger Einwohnern und perspektiv schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, können aber Arbeitsplätze und dadurch fehlende Liquidität von einigen, wenigen Mietern zumindest für einen kurzen Zeitraum gefährden.

 

Mein Tipp: Gerade wenn sich die wirtschaftliche Lage verschlechtern sollte, kann es hilfreich sein, rechtzeitig und proaktiv auf seine Mieter zuzugehen, um Konfliktquellen gar nicht erst entstehen zu lassen.

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