Politik

HateAid-Geschäftsführerinnen weisen Vorwürfe scharf zurück: Haben Nerv getroffen

  • AFP - 26. Dezember 2025, 12:58 Uhr
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Smartphone vor Europaflagge
Bild: AFP

Die beiden mit US-Einreiseverboten belegten Geschäftsführerinnen von HateAid haben die gegen sie erhobenen Vorwürfe scharf zurückgewiesen. Die Sanktionen der US-Regierung zeigten, 'dass wir offenbar mit unserer Arbeit einen Nerv getroffen haben'.

Die beiden mit US-Einreiseverboten belegten Geschäftsführerinnen der Organisation HateAid haben die gegen sie erhobenen Vorwürfe aus den USA scharf zurückgewiesen. Die Sanktionen der US-Regierung zeigten, "dass wir offenbar mit unserer Arbeit einen Nerv getroffen haben", sagte Mitgründerin Anna-Lena von Hodenberg dem "Spiegel". Unterdessen verklagte ein ebenfalls wegen angeblicher Zensur im Internet mit einem US-Einreiseverbot belegter Brite Mitglieder der Regierung in Washington.

HateAid setzt sich gegen digitale Gewalt und für die Strafverfolgung von Hasskriminalität im Internet ein. Das US-Außenministerium hatte die beiden Geschäftsführerinnen der Organisation, von Hodenberg und Josephine Ballon, sowie drei weitere Menschen in Europa am Dienstag als "radikale Aktivisten" eingestuft und mit einer Einreisesperre belegt. Die Regierung in Washington wirft ihnen "Zensur" im Internet vor.

Es gehe dabei um "ökonomische Interessen der Plattformen, die die konsequente Umsetzung der EU-Gesetzgebung viel Geld kosten würde", sagte von Hodenberg dazu dem "Spiegel". Und es gehe um eine US-Regierung, "die auf das Internet angewiesen ist, um politische Gegner einzuschüchtern".

Mitgründerin Ballon sagte dem Magazin, es sei "entlarvend, dass unter anderem die Kritik an Positionen der US-Regierung dazu führt, dass uns Zensur vorgeworfen wird". Das zeige "sehr deutlich, wie hier unter dem Deckmantel des Zensurvorwurfs schlicht und ergreifend Kritiker zum Schweigen gebracht werden sollen". Die Vorwürfe wies sie scharf zurück: "Man gibt sich nicht einmal Mühe, sich hierfür eine schlüssige Begründung auszudenken."

HateAid fürchtet nun weitere Maßnahmen gegen die Organisation, etwa Blockaden durch US-Dienstanbieter. "Wir bereiten uns auf das Schlimmste vor", erklärten die Chefinnen. Zugleich sei klar, dass sie sich nicht einschüchtern ließen.

Die Vorgänge aus den USA waren in Deutschland und in Brüssel auf heftige Kritik gestoßen. Das sei "nicht akzeptabel", erklärte Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU). Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) nannte die Vorwürfe der USA ebenfalls "inakzeptabel" - HateAid wird vom Justizministerium gefördert, es leiste einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Persönlichkeitsrechte im digitalen Raum.

Die EU-Kommission verurteilte den "ungerechtfertigten" Schritt "entschieden" und bat um Klarstellung. Zu den Sanktionierten gehört auch der frühere EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton. Er gilt als der Architekt des EU-Gesetzes für digitale Dienste, des Digital Services Act (DSA). Das Gesetz schreibt allen Plattformen vor, "illegale Inhalte" zu löschen, und zwar "unverzüglich". Bei Verstößen drohen den Unternehmen Strafen in Milliardenhöhe. Von der US-Regierung wird der DSA als Angriff auf die Meinungsfreiheit gesehen.

Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) erklärte, so agierten Regierungen, "die Angst vor der Demokratie haben". Die Entwicklung in den USA sei besorgniserregend. Die Bundesregierung müsse "umgehend den Geschäftsträger der US-Botschaft einbestellen". Die Linken-Innenpolitikerin Clara Bünger sprach von einem "autoritären Einschüchterungsversuch gegen Menschen, die sich gegen digitale Gewalt und für Grundrechte im Internet einsetzen". Das sei letztlich ein Angriff auf "Meinungsfreiheit und Freiheitsrechte".

Der ebenfalls sanktionierte Brite Imran Ahmed, Leiter der Nichtregierungsorganisation Center for Countering Digital Hate (CCDH), verklagte unterdessen US-Regierungsmitglieder. "Ich kämpfe gegen meine unrechtmäßige Abschiebung aus meinem Heimatland", erklärte Ahmed. Er ist im Besitz einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung für die USA, einer sogenannten "Green Card".

Seine Organisation mit Sitz in London und Washington reichte vor einem Bundesgericht in New York Klage gegen US-Außenminister Marco Rubio, die US-Unterstaatssekretärin für öffentliche Diplomatie, Sarah Rogers, US-Justizministerin Pam Bondi und US-Heimatschutzministerin Kristi Noem ein. In Gerichtsunterlagen hieß es, Ahmed drohe "die unmittelbare Gefahr einer verfassungswidrigen Festnahme, Strafhaft und Ausweisung" aus den USA.

Ein Bundesrichter erließ eine einstweilige Verfügung, die Ahmeds Verhaftung oder Inhaftierung untersagte. Die nächste Anhörung in dem Fall ist für Montag angesetzt.

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