Finanzen

Riester-Rente: Bundesgerichtshof kippt zentrale Klausel in Versicherungsverträgen

  • AFP - 10. Dezember 2025, 17:08 Uhr
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Bundesgerichtshof
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Im Streit über bestimmte Riester-Verträge hat der BGH zugunsten der Kunden entschieden. Eine Versicherung darf die Rente in einem fondsgebundenen Vertrag nicht nachträglich kürzen, wenn nicht vorgesehen ist, dass sie in besseren Zeiten wieder steigt.

Im Streit über bestimmte Riester-Verträge hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Mittwoch zugunsten der Kunden entschieden. Eine Versicherung darf die monatliche Rente aus einem fondsgebundenen Vertrag demnach in schlechten Phasen nicht nachträglich kürzen, wenn nicht gleichzeitig vorgesehen ist, dass sie in besseren Zeiten wieder steigt. Das Urteil dürfte Signalwirkung haben - Verbraucherschützern zufolge sind solche Klauseln bei Anbietern weit verbreitet, tausende Verträge könnten betroffen sein. (Az. IV ZR 34/25)

Mit der Riester-Rente fördert der Staat seit 2002 den Aufbau einer privaten Altersvorsorge. Vor dem BGH ging es um fondsgebundene Riester-Rentenversicherungen. Das bedeutet, dass ein Teil der Beiträge in Investmentfonds angelegt wird. Die Entwicklungen am Kapitalmarkt wirken sich also auch auf die Höhe der späteren Zahlungen aus. Mit dem Rentenfaktor wird die monatliche Auszahlung aus dem Guthaben berechnet. Um diesen Faktor ging es nun.

Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Allianz Lebensversicherungs-AG. Eine Klausel in zwischen Juni und November 2006 abgeschlossenen Verträgen der Allianz sah unter anderem eine mögliche Herabsetzung der monatlichen Rente vor, wenn die Rendite der Kapitalanlagen nachhaltig so stark sinkt, dass die Rentenzahlungen voraussichtlich nicht auf Dauer gesichert sind. Auf diese Vereinbarung sowie auf die lange Phase niedriger Zinsen berief sich die Versicherung, als sie den Rentenfaktor senkte. 

Nicht vorgesehen war in der Klausel, dass die Höhe wieder steigt, wenn sich die Voraussetzungen bessern. Das betrachtet der BGH als zentrales Problem. Er erklärte die Klausel für unwirksam. Denn die Versicherung habe sonst einseitig das Recht, die versprochene Leistung neu zu bestimmen - das sei den Kunden nicht zumutbar.

Zwar dürfen Versicherer bei fondsgebundenen Versicherungen den Rentenfaktor herabsetzen, wenn sich die Umstände verschlechtern. Sie müssen aber spätere Verbesserungen in vergleichbarer Weise an die Kunden weitergeben, wie der BGH ausführte. Das muss bereits in der Klausel stehen. Eine Zusicherung wie von der Allianz, den Faktor zu Rentenbeginn gegebenenfalls nach oben anzupassen, genügt demnach nicht.

Schon die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Stuttgart, hatte der Verbraucherzentrale recht gegeben. Der BGH bestätigt das Stuttgarter Urteil nun weitgehend. Ähnlich entschieden in anderen Fällen auch die Landgerichte Berlin und Köln. 

Die Allianz erklärte, dass alle bei ihr seit 2007 abgeschlossenen entsprechenden Rentenversicherungsverträge nicht betroffen seien. Denn dort stehe eine Verpflichtung zur Wiederheraufsetzung schon in den Versicherungsbedingungen. Nach dem Urteil werde Allianz Leben "die Entscheidungsgründe sorgfältig auswerten und alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen". 

Die klagende baden-württembergische Verbraucherzentrale teilte mit: "Wir freuen uns, dass mit diesem Urteil nun Klarheit herrscht." Abteilungsleiter Niels Nauhauser verwies darauf, dass Betroffene mithilfe eines Musterbriefs eine Korrektur des Rentenfaktors einfordern könnten.

Die Organisation Finanzwende sah in dem BGH-Urteil einen "wichtigen Sieg für die Versicherten". Es dürfte bundesweit "auf zigtausend Verträge mit Rentenkürzungen ausstrahlen", erklärte Britta Langenberg, Leiterin Verbraucherschutz für die Organisation.

An der Riester-Rente gibt es seit Langem Kritik - unter anderem wegen hoher Kosten, bürokratischer Hürden und niedriger Rendite. Aus einer im September bekannt gemachten Analyse des Verbraucherportals Finanztip geht hervor, dass allein von Januar bis August 2025 rund 220.000 Abschlüsse vorzeitig gekündigt wurden.

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