Politik

Macron spielt bei Regierungsbildung auf Zeit und hofft weiter auf breite Koalition

  • AFP - 23. Juli 2024, 21:31 Uhr
Bild vergrößern: Macron spielt bei Regierungsbildung auf Zeit und hofft weiter auf breite Koalition
Emmanuel Macron
Bild: AFP

Obwohl die französische Linke sich nach zähen Verhandlungen am Dienstag auf eine Kandidatin für das Amt des Premierministers geeinigt hat, steht Frankreichs neue Regierung weiterhin in den Sternen.

Obwohl die französische Linke sich nach zähen Verhandlungen am Dienstag auf eine Kandidatin für das Amt der Premierministerin geeinigt hat, steht Frankreichs neue Regierung weiterhin in den Sternen. Er werde erst nach dem Ende der Olympischen Spiele einen neuen Premierminister oder eine neue Premierministerin ernennen, sagte Präsident Emmanuel Macron am Abend in einem Interview mit dem Sender France 2. 

Auf den Vorschlag der Linken, die in der Öffentlichkeit kaum bekannte 37 Jahre alte Finanzexpertin Lucie Castets zu nominieren, ging er nicht weiter ein. "Es geht jetzt nicht um Namen, es geht darum, welche Mehrheit sich in der Nationalversammlung bildet", sagte Macron. 

Der Präsident appellierte an alle Parteien, sich anzupassen. "Es ist ihre Verantwortung, etwas zu tun, was in allen europäischen Demokratien geschieht, und was bislang nicht in unserer Tradition ist (...), nämlich Kompromisse einzugehen", betonte er. Keine Partei habe die Wahl gewonnen, keine könne darauf pochen, lediglich ihr eigenes Wahlprogramm durchzusetzen, mahnte er. 

Die vorgezogene Parlamentswahl habe ergeben, "dass die Franzosen der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN) keine Verantwortung übertragen wollen", sagte Macron. Er hatte die Neuwahl ausgerufen, nachdem der RN bei der Europawahl deutlich vorn gelegen hatte. In der Parlamentswahl rutschten die Rechtspopulisten dank des taktischen Rückzugs anderer Kandidaten auf Platz drei. 

Die übrigen Parteien hätten nun die Aufgabe, sich aufeinander zuzubewegen. "Ich rufe sie auf, den Sommer über zusammenzuarbeiten", sagte Macron. Die geschäftsführende Regierung bleibe vorerst im Amt, um während der Olympischen Spiele die Stabilität zu gewährleisten. "Das nenne ich olympischen Frieden", sagte er. Die neue Regierung solle Minister des rechten und linken Lagers so wie der Mitte umfassen, betonte Macron. 

Die Zuwächse für die extremen Rechten, die Macron eigentlich hatte verhindern wollen, erklärte er zu einem europäischen Phänomen. In Deutschland sei dies noch schlimmer als in Frankreich, sagte er. Macron bekräftigte, dass er nicht an einen Rücktritt denke. "Die Französinnen und Franzosen haben mir ein Mandat erteilt. (...) Das erfülle ich bis zum Ende", sagte er. 

Die von vielen Seiten kritisierte Auflösung der Nationalversammlung verteidigte Macron mit dem Hinweis, dass die Regierung im Herbst ohnehin ein Misstrauensvotum riskiert hätte. 

Die Kandidatin der Neuen Volksfront, Castets, erklärte unterdessen, dass die Abschaffung der Rentenreform, mit der Macron das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre angehoben hatte, zu ihren Prioritäten zähle. 

Das links-grüne Wahlbündnis stellte Castets als eine Verfechterin des öffentlichen Dienstes und eine Kämpferin gegen Steuerbetrug vor. Die Klimaexpertin Laurence Tubiana, die für das Amt der Premierministerin ebenfalls im Gespräch gewesen war, hatte am Vortag ihren Verzicht auf die Kandidatur erklärt. 

Die Neue Volksfront war bei der von Macron vorgezogenen Parlamentswahl Anfang Juli überraschend auf den ersten Platz gekommen. Traditionell schlägt das größte Lager in der Nationalversammlung einen Kandidaten für das Amt des Premierministers zu. 

Der Präsident kann ernennen, wen er möchte, ist aber darauf angewiesen, dass der Premierminister oder die Premierministerin für die Gesetzesvorhaben der Regierung in der Nationalversammlung eine Mehrheit bekommt. Die vorgezogenen Neuwahlen haben jedoch zu einer Blockadesituation geführt, in der keines der drei Lager über eine Mehrheit verfügt.

Die frisch gewählte Nationalversammlung ist mittlerweile konstituiert und hat sich in elf Fraktionen aufgeteilt. Sie ist jedoch faktisch arbeitslos, da die jetzige "Regierung auf Abruf" keine Gesetzesvorhaben mehr einbringen kann. 

Weitere Meldungen

Tausende demonstrieren in Polen für Liberalisierung des Abtreibungsrechts

Rund zwei Wochen nach einer knapp gescheiterten Abstimmung zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts in Polen haben am Dienstag Tausende Menschen gegen die Entscheidung

Mehr
Trump will Netanjahu in Privatresidenz in Florida empfangen

Ex-US-Präsident Donald Trump will sich nach eigenen Angaben in dieser Woche mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu treffen. Er werde Netanjahu, der am Montag zu

Mehr
Frankreichs Linke schlägt wenig bekannte Finanzexpertin als Premierministerin vor

Nach gut zweiwöchigen Verhandlungen hat die französische Linke sich auf eine in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Wirtschaftsexpertin als Kandidatin für das Amt der

Mehr

Top Meldungen

Union kritisiert Wasserstoff-Pläne

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Nach der Einreichung des Antrags zum Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes durch die Fernleitungsnetzbetreiber warnt die Union vor einer

Mehr
Deutlich mehr Nutzer: Musik-Streaming-Dienst Spotify steigert Betriebsgewinn

Der Musik-Streaming-Dienst Spotify hat seinen Gewinn im zweiten Quartal deutlich gesteigert. Die Zahl der zahlenden Nutzer sei um sieben Millionen angestiegen, erklärte das

Mehr
Brüssel billigt Pläne zum Breitbandausbau in Deutschland

Die EU-Kommission hat die deutschen Förderpläne zum Ausbau schneller Internetleitungen genehmigt. Danach sollen die öffentlichen Mittel bis Ende 2028 um 26 Milliarden Euro auf

Mehr