Politik

EU-Länder nominieren von der Leyen - Kommissionschefin braucht Parlamentsmehrheit

  • AFP - 28. Juni 2024, 01:49 Uhr
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Kallas (l.), von der Leyen und Costa
Bild: AFP

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben Ursula von der Leyen bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel am Donnerstagabend für eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin nominiert.

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben Ursula von der Leyen bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel am Donnerstagabend für eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin nominiert. Die Stimmen von Italien und Ungarn erhielt die CDU-Politikerin nach Angaben aus Diplomatenkreisen jedoch nicht. Der vermutlich schwierigere Schritt steht ihr zudem noch bevor: Sie benötigt eine absolute Mehrheit im EU-Parlament.

"Ich möchte den führenden Politikern, die meine Nominierung unterstützt haben, meinen Dank aussprechen", sagte von der Leyen nach dem Gipfel. Nun werde sie die "politischen Leitlinien für die nächsten fünf Jahre" vorstellen und sich um die nötige Mehrheit im Parlament bemühen. Der EU-Gipfel nominierte außerdem die liberale estnische Kaja Kallas für das Amt der EU-Außenbeauftragten, der frühere portugiesische Regierungschef António Costa von den Sozialdemokraten soll den Posten des Ratspräsidenten übernehmen.

Kallas sprach von einer "enormen Verantwortung in dieser Zeit der geopolitischen Spannungen". Als größte Herausforderungen in der europäischen Außenpolitik nannte sie den Krieg in der Ukraine sowie die "zunehmende Instabilität in unserer Nachbarschaft und auf der ganzen Welt".

Costa gratulierte von der Leyen und Kallas zu ihrer Nominierung. "Ich werde mich voll und ganz für die Einigkeit unter den 27 Mitgliedstaaten einsetzen", versprach er. Der Einigung zufolge folgt er zum 1. Dezember dieses Jahres auf den Belgier Charles Michel.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierte von der Leyen, Kallas und Costa. Die drei würden dafür sorgen, "dass Europa in den nächsten Jahren in herausfordernden Zeiten gut aufgestellt ist", sagte Scholz nach dem Gipfel. Es sei gut, dass die EU "sehr schnell sehr richtungsweisende Entscheidungen getroffen" habe.

Auf das Personalpaket hatten sich sechs Vertreter von Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen bereits vorab geeinigt - darunter Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni hatte dieses Vorgehen scharf kritisiert. In Europa herrsche eine "Oligarchie" sagte sie zu den Absprachen, an denen ihr Rechtsaußen-Lager nicht beteiligt war.

Die italienische Regierungschefin enthielt sich nach Diplomatenangaben in der Abstimmung über von der Leyens Nominierung. Zudem hatte Ungarns Regierungschef Viktor Orban bereits im Voraus seine Ablehnung des Personalpakets deutlich gemacht. Beim Gipfel reichte jedoch eine sogenannte qualifizierte Mehrheit von 15 EU-Ländern, die 65 Prozent der europäischen Bevölkerung vertreten.

Die nötige absolute Mehrheit von 361 der 720 Abgeordneten im Europaparlament ist der 65-jährigen von der Leyen jedoch nicht sicher. "Da ist unsere Absicht, dass die politische Plattform, die Frau von der Leyen in der Vergangenheit getragen hat, das auch in Zukunft tun soll", sagte Kanzler Scholz mit Blick auf die Europäische Volkspartei (EVP), die Sozialdemokraten und Liberalen im Europaparlament.

Die drei Gruppen haben auch im neu gewählten Europaparlament weiter eine Mehrheit. Angesichts des fehlenden Fraktionszwangs sind Abweichler allerdings wahrscheinlich. Von der Leyen kündigte deshalb an, sich "auch an Abgeordnete aus anderen Fraktionen" wenden zu wollen. Sie wiederholte, Bedingungen für eine Zusammenarbeit sei eine "pro-europäische, pro-ukrainische und pro-rechtsstaatliche" Einstellung. Die Abstimmung findet frühestens in der ersten Sitzung Mitte Juli statt.

Die Staats- und Regierungschefs debattierten außerdem über die grundsätzliche strategische Ausrichtung der EU in sehr unterschiedlichen Politikbereichen, von Migration bis Klimaschutz. Der am Donnerstagabend beschlossene Text legt den Fokus vor allem auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, die Klimapolitik spielt im Vergleich zur vergangenen Legislaturperiode eine kleinere Rolle.

Deutschland und Frankreich hatten mit einem kurzfristigen Antrag auf weitreichende Änderungen etwa für mehr Möglichkeiten der staatlichen Beihilfe für Unternehmen und Lockerungen im Wettbewerbsrecht für Ärger gesorgt. Aus Diplomatenkreisen hieß es, dass sich viele Länder davon überrumpelt fühlten. Am Ende wurde der Text weitgehend ohne Änderungen verabschiedet.

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