In die Rentendiskussion hat sich einmal mehr das Arbeitgebernahe Ifo-Institut eingeschaltet. Ifo-Chef Clemens Fuest spricht sich dabei für längere Lebensarbeitszeit und sinkendes Rentenniveau. Doch nicht alle Experten teilen diese Meinung.
Fuest sagt der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Die Schwierigkeit besteht darin, dass jeder gern Geld verteilt, aber niemand gern darüber redet, wer die Zeche zahlen muss. Hier ist Offenheit wichtig." Der Ökonom verlangt, bei jedem Vorschlag zur Ausweitung der Rentenleistungen die Maßnahmen zur Finanzierung gleich mitzuliefern. "Das würde die Qualität der rentenpolitischen Debatte erheblich verbessern", erklärt er mit Blick auf Forderungen von SPD-Politikern, das Rentenniveau nicht nur bis 2025, sondern bis zum Jahr 2040 bei 48 Prozent zu stabilisieren.
"Die Politik scheint zu vergessen, dass die Bereitschaft künftiger Beitragszahler und Steuerzahler, für die Rente zu zahlen, ihre Grenzen hat", kritisiert Fuest. Er plädiert zugleich dafür, die Lebensarbeitszeit zu verlängern, und zwar in dem Maß, wie die Lebenserwartung steigt. Das sei unverzichtbar. Der Wissenschaftler sprach sich zudem für ein sinkendes Rentenniveau aus. "Die Renten werden langsamer wachsen müssen als die sonstigen Einkommen, weil die Zahl der Beitragszahler pro Rentner drastisch sinkt." Es sei deshalb wichtig, mehr privat vorzusorgen, betonte Fuest. Zudem müsse die Zahl der Beitragszahler möglichst hoch gehalten werden. "Da geht es um die schulische und berufliche Bildung, um die Zuwanderung von Fachkräften und die Anreize zur Erwerbstätigkeit."
Die Ansicht des Ifo-Instituts ist nicht ganz neu. Und es gibt seitens anderer Experten gegenteilige Auffassungen: Eine starke gesetzliche Altersrente sei möglich, sagt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Als Gegenbeispiel führen die Ökonomen das Rentensystem in Österreich an:
Während deutsche Männer, die 2016 in Rente gingen, monatlich im Schnitt mit 1.008 Euro vor Steuern auskommen müssen, hätten beispielsweise Österreicher 1.899 Euro zur Verfügung. Bei manchen konservativen Ökonomen erweckte das Argwohn; sie würden an der Nachhaltigkeit des österreichischen Systems zweifeln. WSI-Forscher Florian Blank und Rudolf Zwiener vom IMK kommen in einer Analyse, die sie gemeinsam mit Camille Logeay von der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft sowie Erik Türk und Josef Wöss von der Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien veröffentlicht haben, zu dem Ergebnis, dass solche Zweifel unbegründet seien.
In Österreich sind Selbstständige und Beamte sukzessive in die Rentenversicherung einbezogen worden. Der Beitragssatz liegt seit 1988 unverändert bei 22,8 Prozent, wobei die Arbeitgeber für 12,55 Prozent aufkommen, die Arbeitnehmer für 10,25 Prozent. Auf Grundlage dieser breiten Finanzierungsbasis seien die vergleichsweise hohen Leistungen möglich, sagen die Experten.
Dass die Kosten langfristig aus dem Ruder zu laufen drohen, halten die Wissenschaftler für unwahrscheinlich. Sie verweisen auf Berechnungen der Europäischen Kommission, denen zufolge die Ausgaben für Renten und Pensionen von 13,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2013 auf 14,7 Prozent im Jahr 2040 bzw. 14,4 Prozent im Jahr 2060 und damit "äußerst moderat" steigen werden. Die Europäische Kommission bewertet diese Entwicklung als "weitgehend stabil".
Seit Jahren wird die Debatte rund um die Rente sehr kontrovers geführt. Und es zeichnet sich weiterhin ab, dass die Institute, die Arbeitgebern nahe stehen für sinkende gesetzliche Renten und Privatisierung der Altersvorsorge plädieren, während Arbeitnehmerfreundliche Forscher die wachsende soziale Ungleichheit als Hauptursache des Renten-Problems betrachten.
Lars Wallerang / wid
Lifestyle
Ifo-Chef plädiert für sinkende Renten
- Lars Wallerang/wid - 10. September 2018, 14:28 Uhr
In die Rentendiskussion hat sich einmal mehr das Ifo-Institut eingeschaltet. Ifo-Chef Clemens Fuest spricht sich dabei für längere Lebensarbeitszeit und sinkendes Rentenniveau aus. Doch nicht alle Experten teilen diese Meinung.
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