Politik

Frankreichs Regierung durch Misstrauensvotum gestürzt

  • AFP - 4. Dezember 2024, 21:25 Uhr
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Michel Barnier
Bild: AFP

Frankreichs Regierung ist durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. 331 der derzeit 574 Abgeordneten stimmten am Mittwochabend in der Nationalversammlung für den Misstrauensantrag der linken Opposition.

Frankreichs Regierung ist durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. 331 der derzeit 574 Abgeordneten stimmten am Mittwochabend in der Nationalversammlung für den Misstrauensantrag der linken Opposition. Es ist das erste Mal seit 1962, dass eine französische Regierung über ein Misstrauensvotum stürzt. Und es ist das erste Mal, dass Links- und Rechtspopulisten in einer so folgenschweren Abstimmung gemeinsam abgestimmt haben. 

Premierminister Michel Barnier hatte die Verabschiedung des Sozialhaushalts mit einer Vertrauensfrage verknüpft. Der erst im September ernannte Barnier wird damit zum Premierminister mit der kürzesten Amtszeit in Frankreichs jüngerer Geschichte. 

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der erst wenige Minuten vor der Abstimmung von einem Staatsbesuch in Saudi-Arabien zurückgekehrt war, muss nun einen neuen Premierminister ernennen. Eine Neuwahl kann frühestens im Juli 2025 stattfinden. Macron will sich am Donnerstag um 20.00 Uhr in einer TV-Ansprache an das Land wenden. 

Die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI) forderte umgehend auch den Rücktritt des Präsidenten. "Um aus der Sackgasse zu kommen, (...) fordern wir, dass Macron geht", sagte die LFI-Abgeordnete Mathilde Panot kurz nach der Abstimmung. "Auch wenn es alle drei Monate einen neuen Barnier gibt, wird Macron keine drei Jahre mehr durchhalten", erklärte LFI-Chef Jean-Luc Mélenchon mit Blick auf die 2027 anstehende Präsidentschaftswahl.

Die Fraktionschefin der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN) Marine Le Pen appellierte an Macron, "Verantwortung zu übernehmen". "Ich fordere nicht seinen Rücktritt. Aber es ist klar, dass der Druck immer stärker wird", betonte sie. Er werde tun, "was sein Verstand und sein Gewissen ihm diktieren", erklärte sie. 

"Wir haben uns dafür entschieden, die Franzosen zu beschützen", sagte Le Pen. "Unsere Institutionen sind aus Granit", betonte sie. Ein "Sondergesetz" werde es ermöglichen, die Regierungsgeschäfte weiterzuführen, auch wenn der Haushalt nun möglicherweise nicht bis zum Jahresende verabschiedet werden könne. Sie sei bereit, gemeinsam mit dem künftigen Premierminister einen "akzeptablen Haushalt" aufzustellen.

Wirtschaftsminister Antoine Armand warf den Links- und Rechtspopulisten vor, "ihre Stimmen vereint zu haben, um das Land zu destabilisieren". 

Die aktuelle Regierung bleibt vorläufig geschäftsführend im Amt. Für den Posten des Premierministers sind neben anderen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und der ehemalige sozialistische Premierminister Bernard Cazeneuve im Gespräch. Der künftige Regierungschef dürfte es ebenso schwer haben wie Barnier, in der Nationalversammlung eine Mehrheit zu bekommen. 

Frankreichs Ex-Premierminister Gabriel Attal hatte den Rechtspopulisten kurz vor der Abstimmung über das Misstrauensvotum einen "historischen Fehler" vorgeworfen. Er appellierte zudem an die Abgeordneten der sozialistischen Partei, sich aus dem Bündnis mit den Linkspopulisten zu "befreien". Er strebt eine Art Koalition aus Macrons Partei, den konservativen Republikanern und den Sozialisten an. 

Die Republikaner hatten bereits vor der Abstimmung erklärt, dass ihre Unterstützung der Regierung an die Person von Barnier geknüpft sei, der aus ihren Reihen stammt. Die Sozialisten hingegen zählen zum links-grünen Bündnis Neue Volksfront, in der die Linkspopulisten den Ton angeben. Die Nationalversammlung ist seit der vorgezogenen Neuwahl im Juli in drei verfeindete Blöcke gespalten.

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