Politik

CDU-Innenminister Stübgen: Individualrecht auf Asyl "nicht mehr nötig"

  • AFP - 19. September 2024, 16:16 Uhr
Bild vergrößern: CDU-Innenminister Stübgen: Individualrecht auf Asyl nicht mehr nötig
Michael Stübgen
Bild: AFP

Der brandenburgische CDU-Innenminister Stübgen fordert die Abschaffung des Asylrechts in seiner bestehenden Form. Offen für eine Diskussion über den Vorschlag zeigte sich der FDP-Politiker Kubicki, Kritik kam von der Linken und den Grünen.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der brandenburgische Ressortchef Michael Stübgen (CDU), fordert die Abschaffung des Asylrechts in seiner bestehenden Form. "Das individuelle Recht auf Asyl ist im Grundgesetz nicht mehr nötig", sagte er dem "Handelsblatt" vom Donnerstag. Deutschland könne "nach den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention ohnehin Menschen, die verfolgt werden, Schutz gewähren". Offen für eine Diskussion über den Vorschlag zeigte sich der stellvertretende FDP-Chef Wolfgang Kubicki, Kritik kam von der Linken und den Grünen.

"Politisch Verfolgte genießen Asylrecht", heißt es in Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes. Dieser Satz ist laut Bundesinnenministerium "Ausdruck für den Willen Deutschlands, seine historische und humanitäre Verpflichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen zu erfüllen". Es ist demnach das einzige Grundrecht, das nur Ausländern zusteht.

Ohne dieses individuelle Asylrecht könnten Flüchtlingskontingente eingeführt werden, argumentierte nun Stübgen: "Wir entscheiden dann, wer in unser Land kommt. Und wir können festlegen, in welchem Ausmaß wir Migranten aufnehmen und integrieren können."

Der Innenminister bekräftigte außerdem die Forderung der Union, Zurückweisungen an den Grenzen im großen Stil zu ermöglichen. "Ich halte die Flüchtlingssituation in Deutschland für so angespannt, dass wir eine nationale Notlage ausrufen sollten", sagte er. Dann könnten Zurückweisungen "umfassend" angewendet werden.

Mit Blick auf Abschiebungen forderte Stübgen eine Wiederannäherung an Syrien. "Wenn wir in sichere Gebiete nach Syrien zurückführen wollen, brauchen wir diplomatische Beziehungen", sagte der im Wahlkampf befindliche CDU-Politiker. "Diplomatie bedeutet, auch mit Regierungen zu verhandeln, die die Menschenrechte nicht ernst nehmen", fügte er mit Blick auf Syriens Machthaber Baschar al-Assad hinzu.

Der mutmaßlich islamistische Messerangriff von Solingen sorgte für eine Debatte über die Migrationspolitik. Die Bundesregierung schlug bereits unter anderem Maßnahmen gegen gewaltbereiten Islamismus sowie deutliche Verschärfungen im Aufenthalts- und Asylrecht vor. Der Union gehen die geplanten Schritte aber nicht weit genug.

Offen für eine Debatte über Stübgens Vorschlag, das bestehende Asylrecht abzuschaffen, zeigte sich Kubicki. Er halte diesen "nicht von vornherein für falsch oder indiskutabel", sagte der Bundestags-Vizepräsident dem "Handelsblatt". "Wenn hiermit sowohl der humanitäre Schutz als auch die Beachtung der staatlichen Kapazitätsgrenzen besser als mit der bisherigen Regelung in Einklang gebracht werden können, wäre dies allemal eine ernsthafte Debatte wert."

Scharfe Kritik an den Forderungen des Ministers aus Brandenburg äußerte hingegen Linken-Chefin Janine Wissler. "Das Asylrecht abzuschaffen – diese Forderung kennt man sonst von braun-blauen Wahlplakaten", erklärte sie. "Dass die CDU jetzt dieselbe Sprache spricht, ist alarmierend." Stübgen gieße "Öl ins Feuer des gefährlichen Überbietungswettbewerbs der Union mit der AfD". 

Wissler fügte hinzu: "Ein Innenministerium, aus dem solche Aussagen kommen, hat ein ernsthaftes Demokratieproblem. Stübgens Worte untergraben das Grundgesetz und spielen rechtsextremen Tendenzen in die Hände."

"Wahlkampfgetöse" warf Grünen-Chefin Ricarda Lang Stübgen in den Sendern RTL und ntv vor. Sie sei darüber hinaus schockiert, "wie viele so tun, als ob wir in der Migrationspolitik Ordnung dadurch erreichen, dass wir den Rechtsstaat schleifen".

Weitere Meldungen

Miersch soll Kühnert als SPD-Generalsekretär nachfolgen

Nach dem Rücktritt von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert soll Fraktionsvize Matthias Miersch dessen Nachfolger werden. Nach Angaben aus Parteikreisen erhielt Miersch am

Mehr
Neue Suche nach Ãœberresten erschossener Wehrmachtsoldaten in Frankreich

Gut ein Jahr nach der erfolglosen Suche nach Ãœberresten erschossener Wehrmachtsoldaten in Frankreich hat eine neue Suchaktion begonnen. Wegen starken Regens sei der Georadarwagen

Mehr
Lauterbach: "Pflegeversicherung ist nicht insolvent"

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einem Medienbericht widersprochen, wonach der gesetzlichen Pflegeversicherung in Deutschland eine baldige Zahlungsunfähigkeit

Mehr

Top Meldungen

Öl-Preis steigt wegen Lage in Nahost - Brent bei fast 80 Dollar

Wegen der sich weiter zuspitzenden Lage in Nahost ist der Öl-Preis merklich gestiegen. Ein Barrel der Nordsee-Öl-Sorte Brent wurde am Montagvormittag für knapp 80 Euro

Mehr
Versicherungswirtschaft: Autohersteller erhöhen Ersatzteilpreise weiter

Die Preise für Kfz-Ersatzteile wie Scheinwerfer, Rückleuchten und Kofferraumklappen sind nach Angaben der Versicherungswirtschaft weiter stark gestiegen. Zwischen August 2023

Mehr
Ökonomen sehen AfD-Wirtschaftspolitik kritisch

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Führende Ökonomen sehen die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der AfD kritisch. Die Vorschläge der Partei seien "von Widersprüchen

Mehr