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Neue Proteste gegen Rentenreform in Frankreich

  • AFP - 18. März 2023, 23:58 Uhr
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Kritiker der Rentenreform demonstrieren in Nantes
Bild: AFP

Mit landesweiten Demonstrationen haben Kritiker der umstrittenen Rentenreform in Frankreich ihrem Ärger am Samstag erneut Luft gemacht. In Paris wurden dutzende Menschen festgenommen.

Mit landesweiten Demonstrationen haben Kritiker der umstrittenen Rentenreform in Frankreich ihrem Ärger am Samstag erneut Luft gemacht. In Paris wurden dutzende Menschen festgenommen, nachdem Teilnehmer einer Kundgebung Mülleimer angezündet und Barrikaden errichtet hatten. Die Gegner der Reform verstärkten zudem die Blockaden von Raffinerien. 

Mehrere Gewerkschaften hatten für das Wochenende zu Demonstrationen aufgerufen - auch aus Wut über das Vorgehen der Regierung von Präsident Emmanuel Macron, welche die Reform ohne Abstimmung in der Nationalversammlung durchsetzen will.

Aus Angst vor einer Radikalisierung der Proteste hatte die Pariser Präfektur jegliche Demonstrationen auf und um die Place de la Concorde sowie auf dem Boulevard Champs Elysées verboten. Zur Begründung verwies sie auf "ernsthafte Risiken einer Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit". 

Rund 4000 Gegner der Rentenreform versammelten sich am Samstag schließlich auf der Place d'Italie im Südosten der Hauptstadt. Einige Demonstranten zündeten Mülleimer an, demolierten Bushaltestellen und errichteten Barrikaden. Nach Angaben aus Polizeikreisen wurden 81 Menschen festgenommen. 

Auch in Nantes und Brest im Westen gingen am Samstag tausende Menschen auf die Straße. In Nantes setzte die Polizei Tränengas ein, nachdem Demonstranten die Sicherheitskräfte mit Flaschen angegriffen hatten. Demonstrationen fanden auch in Städten wie Marseille, Bordeaux und Toulon statt. Für Donnerstag ist ein weiterer landesweiter Protesttag geplant.

Die Gewerkschaft CGT teilte unterdessen mit, dass die größte Raffinerie des Landes in der Normandie langsam heruntergefahren werde. Damit wurde eine Schwelle überschritten: Seit dem Beginn der Proteste gegen die Rentenreform waren die Treibstofflieferanten blockiert worden, keine der sieben Raffinerien war jedoch komplett zum Stillstand gebracht worden. 

Der technisch aufwändige Schritt dauert mehrere Tage und dürfte zunächst nicht zu Benzinengpässen führen. CGT drohte damit, spätestens Montag zwei weitere Raffinerien im südöstlichen Lavéra und in Gonfreville-l'Orcher im Nordwesten herunterzufahren.

Am Freitagabend hatten sich den zweiten Abend in Folge tausende Menschen auf der Place de la Concorde in Paris versammelt, nur wenige hundert Meter von der Nationalversammlung und dem Elysée-Palast des Präsidenten entfernt. Die Atmosphäre war zunehmend aufgeheizt, nachdem sie tagsüber überwiegend friedlich gewesen war.

Mehrere hundert zumeist jüngere Demonstranten bewarfen Polizisten mit Flaschen und Feuerwerkskörpern. Die Polizei setzte Tränengas ein, um den Platz zu räumen. Laut Polizeipräsidium wurden 61 Menschen festgenommen. 

Auch in Lyon, Straßburg und Lille kam es am Freitag erneut zu Demonstrationen. In Lyon drangen Demonstranten in ein Rathaus ein und "versuchten, Feuer zu legen". Der Brand sei schnell gelöscht und 36 Menschen seien festgenommen worden, teilte die Präfektur mit. Andere Demonstrationen wie im nordfranzösischen Lille verliefen friedlich.

Die Regierung hatte am Donnerstag einen Verfassungsartikel geltend gemacht, der die Verabschiedung der Rentenreform ohne Abstimmung in der Nationalversammlung ermöglicht, wenn die Regierung anschließend eingebrachte Misstrauensanträge übersteht. 

Die Opposition reichte seitdem zwei Misstrauensanträge ein, über welche die Nationalversammlung nach Angaben aus Parlamentskreisen am Montag ab 16.00 Uhr beraten wird. 

Falls eine absolute Mehrheit der Abgeordneten dafür stimmt, ist die Rentenreform abgelehnt und die Regierung muss zurücktreten. Dann könnte Präsident Emmanuel Macron einen neuen Premierminister oder eine neue Premierministerin ernennen oder Neuwahlen ausrufen. 

Eine Mehrheit für die Misstrauensanträge gilt als eher unwahrscheinlich, da die konservativen Republikaner voraussichtlich die Regierung unterstützen werden. Sollte keine absolute Mehrheit für einen Misstrauensantrag zustande kommen, ist die Rentenreform endgültig verabschiedet. 

Die Rentenreform sieht vor, das Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre zu erhöhen. Zudem soll die Mindestrente bei voller Beitragszeit auf 1200 Euro angehoben und die Beschäftigung von Senioren gefördert werden. Umfragen zufolge lehnen rund zwei Drittel der Französinnen und Franzosen die Reform ab.

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