Motor

Sonst noch was? - Kommunikation - keine leichte Sache

  • Günter Weigel/SP-X - 19. Januar 2020, 09:44 Uhr

Vorurteile gehören zum Menschen einfach dazu und auch wir sprechen uns davon nicht frei. Allerdings vertrauen wir dann manchmal doch einer erwiesenen Faktenlage. Das scheint aber keine selbstverständliche Vorgehensweise zu sein.

E-Mobilität könnte so einfach sein, wenn die böse Autoindustrie nur mal ihren Job machen würde. So, oder so ähnlich tönt es immer wieder aus den zahlreichen, mittelsozialen Kanälen im Netz. Dieser Tage lasen wir im Rahmen einer solchen Schimpfkanonade von einer neuartigen, ziemlich kompakten Batterie in der Größe einer ordentlichen Zigarrenschachtel, deren Energiegehalt locker für eine Reichweite von 1.200 Kilometern reichen würde. Nur bauen will sie wohl keiner. Der zugehörige Forscher hat vorsorglich schon mal ein Unternehmen gegründet und wartet anscheinend jetzt auf Investoren, auf das sich dieser Umstand ändern möge.

Stand jetzt wird er wohl weiter warten. Ein durchweg seriöser Faktencheck ergab, dass die Geschichte aus der britischen Boulevardpresse stammt und weitere Quellen, die die Seriosität dieses Wunders belegen könnten, gab es nicht. Zudem wurden wir gewahr, dass der Akku den kleinen Nachteil hat, sehr teuer zu sein. Noch ein kleines Problem: Er ließe sich ohnehin leider nicht wieder aufladen, sondern nur recyceln. Diese in Facebook veröffentlichten Argumente wider den Wunderakku hielten die Kommentatoren nicht davon ab, munter weiter auf die böse Industrie zu schimpfen, die solche Chancen nicht nutze. Das zeigt uns einmal mehr, dass es nicht unbedingt gut ist, wenn soziale Medien auf die Intelligenz von  - ach lassen wir das.

Justament dort, also im Netz, grassiert auch die Mär, dass die Bereitstellung von genügend Strom für E-Autos zwar ein Problem sei, andererseits der Strom aber wenigstens nichts kostet. Tatsächlich wurde die Energie ja relativ lange verschenkt, weil es kein passendes Abrechnungstool gab. Inzwischen gibt es gleichermaßen schnelle wie kluge Ladesäulen und jetzt wundert sich alle Welt, dass der Strom dort locker doppelt so viel kostet wie an der heimischen Steckdose. Wir finden den Preis von 79 Cent pro Kilowattstunde, den etwa Ionity aufruft, zwar ambitioniert, aber angesichts der nötigen Investitionen durchaus nicht unverschämt. Schließlich kann man als fester Kunde auch andere Preise abrufen, die dann wieder näher am Steckdosenpreis liegen. Aber diese Information steht weiter hinten und geht in der ersten Empörungswelle dann schon mal unter.

Aufregen scheint generell einfacher zu sein als Gelassenheit walten zu lassen und manchmal laufen auch wir Gefahr, kurzfristig die Contenance zu verlieren. So geschehen dieser Tage, als wir ausnahmsweise eine Dienstreise per Bahn wagten. Zugegeben, der etwas aufgeregte Taxifahrer auf dem Weg zum Bahnhof einer hügeligen schwäbischen Metropole hatte uns schon ein wenig eingestimmt mit seinen Schimpftiraden auf die ganzen Deppen, die immer wieder die Taxi- und Busspur zum Einfädeln in den Stau missbrauchten. Aber davon muss man sich ja nicht anstecken lassen. Unsereins nahm jedenfalls pünktlich auf dem reservierten Sitz des genauso pünktlichen ICE Platz, um sodann in der bahneigenen App zu lesen, dass unser Anschlusszug leider ausfalle.

Weil derlei hunderten, wahrscheinlich tausenden Fahrgästen täglich passiert, hat die Bahn auch gleich eine Reisealternative parat, die uns alles in allem kaum fünfzehn Minuten später ans Ziel bringt. Allerdings ist diese Information im ziemlich kleingedruckten Anhang der Reiseinformation verborgen, statt einigermaßen sinnvoll nach vorne gestellt zu werden. Kommunikation in modernen Zeiten will halt gelernt sein und so weit sind wir hier noch nicht. Dafür bietet die App die Möglichkeit, sich selbst im Zug einzuchecken, auf dass der Schaffner nicht nach der Fahrkarte fragen muss. Tolle Sache. Der Schaffner kommt allerdings trotzdem und wir können sogar in den Zug einchecken, der ausfällt und bestätigen, dass wir dort sitzen. Das muss etwas mit diesen neumodischen virtuellen Realitäten zu tun haben, von denen man immer wieder liest. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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