Motor

Historie und Histörchen (80): Der Ruf in die Reichshauptstadt

  • Hanns-Peter von Thyssen-Bornemisza/ampnet - 19. August 2019, 10:23 Uhr

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Keiner hat die deutsche Automobillandschaft mehr gestaltet als Ferdinand Porsche. Er entwickelte erfolgreiche Rennwagen und Massen-Automodelle wie den Volkswagen Käfer. Sein Lebenslauf ist so bunt wie lang, und sein Name lebt in dem Unternehmen Porsche weiter, immerhin der bedeutendste Sportwagen-Hersteller und als Porsche SE Mehrheitseigner des Volkswagen Konzerns. Unser Autor Hanns-Peter von Thyssen und Bornemisza erzählt die Porsche-Vita als ein Stück deutscher Geschichte. (Folge 3 von 6)

Anfang September 1933 tauchte in Stuttgart völlig unerwartet Jakob Werlin auf, ein österreichischer Autoverkäufer, der aufgrund seines frühen Kontakts zu Adolf Hitler in der Zeit des Nationalsozialismus SS-Ehrenführer und Generalinspektor des Führers für das Kraftfahrwesen sowie Vorstandsmitglied der Daimler-Benz AG wurde. Er wollte Porsches kleine Firma und seine Belegschaft zu besichtigen. Doch wollte sich dabei mit dem Firmenchef keine Harmonie einstellen. Werlin war nach der Beschreibung von Ghislaine Kaes ein rücksichtsloser und selbstherrlicher Mensch, den Porsche gar nicht leiden konnte. Bei diesem Besuch kam, so schrieb Arthur Railton in seinem Buch ,,Der Käfer", das Gespräch auch auf die Volkswagen-Pläne, und Porsche berichtete von seinen Visionen.

Eine Woche später rief Werlin Porsche an und lud ihn für den nächsten Tag zu einer wichtigen Konferenz nach Berlin ein. Als Porsche sich mit Werlin in dessen Suite im ,,Hotel Kaiserhof" traf, erzählte der ihm, dass Hitler sehr interessiert an dem Plan für einen Kleinwagen sei und in einigen Minuten zu ihnen stoßen werde. Nach dem später folgenden langen Monolog des neuen Reichskanzlers fragte Ferdinand Porsche kurz: ,,Und zu welchem Preis?" Hitler lachte und sagte: ,,Zu jedem Preis unter 1000 Mark."

Schon in seinem Wahlprogramm hatte Hitler den Deutschen ein bezahlbares, aber vollwertiges Automobil versprochen. Der neue Reichskanzler besaß zwar keinen Führerschein, war aber automobilbegeistert. Angeblich hatte sich der Bruder des tschechoslowakischen Schuhmillionärs Jan Bata bereit erklärt, das Projekt zu finanzieren. Doch daraus wurde nichts. Die Machthaber lehnten ab. Es sollte ein Projekt des Staates werden. Da die damalige Elite unter den Konstrukteuren - Josef Ganz, Eduard Rumpler und Paul Henze - jüdischen Glaubens waren, trat Hitler dem Konzept des böhmischen Konstrukteurs Ferdinand Porsche vom 17.Januar 1934 näher.

Der Auto-Union-Rennwagen nur ein Irrtum?

Bei einem anderen Treffen zeigte sich Adolf Hitler überzeugt, dass Deutschland über den Motorsport zu Weltgeltung gelangen könnte. Mercedes-Benz sollte deshalb einen Staatszuschuss von einer Million Reichsmark bekommen, um einen Rennwagen zu bauen. Porsche drängte darauf, den Staatsetat zu teilen: 500 000 Mark für Mercedes-Benz und 500 000 Mark für die erst 1932 geschaffene Auto Union.

Es brauchte einige Gesprächs- und Verhandlungsrunden, an denen auch der Auto Union-Chef Detlev Baron von Oertzen und Rennfahrer Hans Stuck teilnahmen, um Hitler davon zu überzeugen, das Budget zu teilen. Bei einer dieser Gelegenheiten entrollte Porsche seine Pläne zu einem 16-Zylinder-Rennwagen. Nach den Aufzeichnungen des Porsche-Neffen Ghislaine Kaes war bei dieser Besprechung Hitler so begeistert, dass er mit Porsche noch drei Stunden darüber diskutierte, wie die Benzin-Luft-Gemisch-Verteilung bei einem 16-Zylindermotor aussehen müsse.

Parallel zu einem Rennwagen, der bei Daimler-Benz entstand - nun ebenfalls mit staatlichen Geldern - der Auto Union-Rennwagen. Alte Unterlagen sollen zeigen, dass der Mittelmotor in dem Auto-Union-Rennwagen durch einen Irrtum entstanden ist. Danach konstruierte Ferdinand Porsche den Boliden klassisch mit Frontmotor und Hinterradantrieb. Doch die Prototypen-Bauer der Auto Union in Zwickau sollen die aus Stuttgart zugeschickten Zeichnung verkehrtherum gelesen haben. Manche Anekdoten sind einfach zu schön, um nicht wahr zu sein. So soll das Versehen erst aufgefallen sein, als der Antriebsstrang schon montiert war und die Maschine im Heck vor der Hinterachse saß. Das soll die Geburtsstunde des Mittelmotors gewesen sein. Ob peinlich, oder genial - die ersten Probefahrten zeigten auf jeden Fall, dass ein Mittelmotor-Auto eine wesentlich bessere Kurvenlage besaß als Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb.

Im Januar 1934 fuhr Hans Stuck mit diesem Auto Union-Boliden erstmals Rekorde und am 6. März 1934 drei Weltrekorde. In den Jahren 1934 bis 1939 war es Bernd Rosemeyer, der 1937 drei Weltrekorde und 16 internationale Klassenrekorde erreichte. Doch am 28. Januar 1938 verunglückte Bernd Rosemeyer auf dem Auto Union-Rekordwagen bei Kilometer 9 der Autobahn Frankfurt am Main - Darmstadt, weil ihn Seitenwind bei höchster Geschwindigkeit von der Bahn abbrachten. (ampnet/hptb)

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